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to focus on something

Jetzt am Ende des Projekts Prozessphilosophie beginne ich so langsam, wirklich zu verstehen, warum Focusing eigentlich Focusing heißt. Das ist lustig. Denn ich kenne Focusing schon seit etwa 10 Jahren, praktiziere es regelmäßig und es ist mir gewissermaßen in Fleisch und Blut übergegangen.

Ein Mißverständnis, das mich seit 10 Jahren begleitete, war dies: Ich dachte immer, Focusing bedeutet, sich auf feine, vage Körperempfindungen zu fokussieren. An diese Empfindungen mit der Aufmerksamkeit “heranzuzoomen” und sie bewusst wahrzunehmen. In gewisser Weise stimmt das ja auch. Aber das ist nicht die ursprüngliche Bedeutung des Wortes.

Gendlin schreibt im Kapitel VIII des Prozessmodells in Bezug auf den Direkten Referenten, also in Bezug auf das feine Gespür, auf das ich mich direkt beziehen kann (“to refer to”):

"Beim Entstehen lassen eines Direkten Referenten macht man zweierlei: man belässt die Situation gleich, und man lässt sie sich verändern. Man belässt sie gleich, indem man die Relevanz, die Pointe, das Gespür für das Ganze beibehält. Es ist diese Situation (und alles, was darin involviert ist), die ich als ganze spüren möchte. An dieser Relevanz halte ich fest. Zugleich aber warte ich auf das Aufkommen einer neuen Art des Fühlens, auf den Felt Sense zu der ganzen Geschichte. Ich kann es nur aufkommen lassen, ich kann es nicht machen. Indem ich es aufkommen lasse, erlaube ich meinem körperlichen Fühlen (body-feel), sich zu regen, zu bewegen, das zu tun, was immer es unabhängig von meiner bewussten Kontrolle tut, während ich meine bewusste Kontrolle nutze, um die Situation, die Relevanz zu halten." (S. 425)

Ich fokussiere also nicht auf die Körperempfindungen, sondern ich fokussiere auf das Thema. Die Körperempfindungen begleiten mein Fokussieren, ich nehme sie wahr, lasse sie aufkommen, entstehen, beobachte sie. Aber mein Fokus liegt die ganze Zeit auf dem Thema, das ich währenddessen festhalte.

Focusing ist die bewusste Kontrolle, die ich ausübe, um die Situation zu halten. Das meint das Wort. Die Körperempfindungen des Felt Sense sind sekundär. Zuerst kommt das Halten. Focusing ist noch kognitiver, als ich immer dachte.

 

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