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Wann macht mein Leben Sinn? Kleine Generationenfolge der Antworten.

Antike: Handle so, dass der Ruhm Deiner Taten über die Jahrhunderte hinweg nicht vergessen sein wird.

Mittelalter: Es macht Sinn, der Kirche und Gott zu dienen.

Renaissance: Nimm Dein Leben selbst in die Hand. Der Mensch ist das Maß aller Dinge (das hatten wir vor dem Mittelalter zwar auch schonmal, aber es wurde wieder vergessen). Sinn macht es, selbst zu denken. Da Vinci als Prototyp des schöpferischen Renaissance-Menschen: yes, I can!

Wilhelminische Zeit: Imperialismus. Sinn macht es, die Welt zu erobern. Außerdem: Wissenschaft, Forschung und die Entdeckung der Welt gehen jetzt erst so richtig los. Systematisierung und Kategorisierung machen Sinn.

1930er u. 40er Jahre: Blut und Boden und Volkskörperhygiene als Lebenssinn. Hand in Hand mit Sozialdarwinismus: der Stärkere gewinnt. (Eigentlich eine Neuauflage des mittelalterlichen “der Kirche dienen” – nur dass die Kirche jetzt die Nation ist.)

1950er Jahre: Wirtschaftswunder. Arbeiten, Aufbauen und Konsumieren (in der BRD v.a. wirtschaftlich geprägt; in der DDR vor allem sozialistisch geprägt und bis in die 80er hinein reichend / das Konsumieren fällt hier weg.). Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt – wir steigern das Bruttosozialprodukt.

1960er und 1970er Jahre: Die 68er. Rebellion, Unter den Talaren Muff von tausend Jahren. Lebenssinn: Give peace a chance.

1980er Jahre. Generation X (Coupland). Sinnlosigkeit von Konsum und von “wir steigern das Bruttosozialprodukt” (deswegen wird jetzt in den 80ern erst ein lustiges Lied darüber gemacht). McJobs als sinnentleerte, vorläufige Ausweichmöglichkeit, wenn es keinen anderen Sinn gibt, für den man leben könnte. Außerdem Formierung der Grünen als politische (Gegen-)Kraft (hier vor allem: Naturschutz als Lebenssinn).

1990er Jahre. Lebensästheten (J. Goebel und C. Clermont). Die Perfektionierung und das Feiern des eigenen Ich (Loveparade) als Streben nach einem Lebenssinn. Zusammenstückeln von Accessoirs, so ähnlich wie man aus einem Ikea-Katalog Möbel zu “der perfekten Wohnung” zusammenstückelt. Siehe auch Generation Golf (F. Illies).

2000er Jahre. Digitale Bohéme (S. Lobo). Social Networking und (vor allem digital unterstützte) Selbstvermarktung. Das Ich als Marke, entworfen durch kreative Eigenschöpfung, die Aufmerksamkeitsströme bindet. Lebenssinn: Schöpferisch sein! Geld ist zwar auch wichtig, aber kommt erst später. (Neuauflage des Renaissance-Menschen, nur Ich-AG-artiger.)

 

Diese kleine Klischee-Sammlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Und die einzelnen Gedanken beschreiben eigentlich immer nur einen kleinen Teil der jeweiligen Gesellschaft. Dennoch ist es jeweils ein wichtiger Teil (es gibt ja kleine Teile, die langfristig gesehen mehr geschichtlich bewirken, als die breite Masse).

Was kommt als nächstes… in Zeiten von Finanzkrisen, Klimawandel, Internet und Globalisierung? Entspanntes Social Networking in hochtechnisierten, dorfähnlichen Selbstversorger-Öko-Gemeinschaften? Oder ein globalisierter Krieg der Ich-Marken? Oder all das und noch viel mehr?

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