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Klack: Es passt einfach

Ich habe seit gestern einen alten Schrank in meiner Wohnung stehen. Mich fasziniert, dass er in die Tiefe der Zeit hinabreicht – die Menschen, die den Schrank gebaut und bemalt haben, leben nicht mehr, er kommt aus einer lange vergangenen Zeit, eine Zeit vor den beiden Weltkriegen. Eine Zeit, wie sie in Grimms Märchen und anderen alten Geschichten beschrieben wird. Er wurde vermutlich in Thüringen gebaut – damals wurden diese Schränke “international” exportiert und so ist er wohl irgendwie hier her gelangt, nach Würzburg. Für mich ist er ein Fenster in die Vergangenheit der Gegend, in der ich geboren bin.

Außerdem fasziniert mich die Präzision, mit der der Schrank gefertigt ist. Das ist ein ganz anderes Feeling, als moderne Schränke sie haben, deren Formen mit einer CNC-Maschine ausgefräst werden. Er ähnelt mehr einem Musikinstrument als einer Maschine. Wenn ich die rechte Tür öffne (indem ich den Schlüssel im Schloss drehe), dann macht es ein “Klack”-Geräusch und die Tür ist offen. Um die linke Tür zu öffen, muss man mit dem Finger einen kleinen Hebel zurückbiegen, um auch diese Tür zu öffnen. Es ertönt ebenfalls ein “Klack” und die Tür ist offen.

Man merkt, jemand mit ganz viel Gespür hat sich diese Mechanismen ausgedacht – oder sie entwickelten sich über viele Generationen hinweg und wurden immer mehr verfeinert. Man spürt den Erbauer noch heute in dem Schrank, obwohl er schon seit langer Zeit nicht mehr lebt. Der Schrank ist zwar kunstvoll bemalt, aber dennoch kein richtiges Kunstwerk im eigentlichen Sinne, sondern eher solides Handwerk. Ich spüre in der Präzision der “Klack”-Geräusche etwas “Festes”, ein Gefühl von Einrasten.

Das Geräusch ist für mich eine Metapher, ein Sinn-Bild für den guten Kern von Handwerk. Ich möchte lernen, Bücher zu schreiben und Seminare, Vorlesungen und Fortbildungen zu konzipieren, die so fein und so perfekt aufeinander abgestimmt sind, wie die Bauteile dieses Schranks, die in ihrem Zusammenspiel das “Klack”-Geräusch hervorbringen.

Klack: Es passt einfach.

 

3 Comments

  1. Katharina Wolf Katharina Wolf 12. Februar 2018

    Guten Morgen lieber Tony,
    und herzlichen Dank für diesen schönen Input zum Wochenanfang. ich kenne dieses “klack” sehr gut aus meinem privaten und beruflichen Leben. Es stellt sich immer dann ein, wenn die richtigen Menschen am richtigen Ort das Richtige tun. Dann macht es “klack” und dann passt es. Dann braucht es kein Rumprobieren, keine Diskussionen und da ist kein Platz für Zweifel oder kopfgesteuerte Kritik. Manchmal bin ich versucht diesen Momenten etwas Überirdisches zuzuschreiben obwohl ich ganz genau weiss, dass sie zutiefst irdisch und tief in unserer innersten Wahrheit verwurzelt sind. Diese Momente sind für mich grosse Geschenke und es erfüllt mich jedes mal mit Ehrfurcht und einer stillen Freude wenn ich ihrer teilhaftig werden darf.
    In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine Woche mit vielen Gelegenheiten zu unseren ganz speziellen “klacks”.
    Herzlichst Katharina Wolf

  2. Tony Tony 12. Februar 2018

    Liebe Katharina,

    danke! Ja das sind wirklich besondere Momente, vielleicht ein bisschen so, wie wenn sich alle Situations-Zahnräder, die ineinander greifen, genau im richtigen Moment in die richtige Stellung drehen. Das Rumprobieren braucht es vorher, glaube ich,… in einem perfekten “Klack” sind tausend Fehlversuche mit reingerechnet, die man dem “Klack” gar nicht ansieht. 🙂

    Liebe Grüße,
    Tony

  3. […] Handwerk kommt es darauf an, nicht nur rein logisch-technisch zu agieren, sondern so, dass da etwas einrastet. Da ist immer das ganze Können des Menschen gefragt – Kopf, Herz und […]

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