Ich schaue mir gerade alte Dokus auf Youtube an, gedreht von westdeutschen Kamerateams, vom ZDF oder vom WDR. Sie reisen in den 1970er oder 1980er Jahren in die DDR und filmen dort oder sie reisen direkt an der Grenze entlang. Da wird beispielsweise 1987 eine junge Frau, die von westdeutscher Seite mit Freunden einen Wochenendausflug zum Grenzzaun gemacht hat, danach gefragt, ob sich das wohl noch mal ändern wird. Ihre lapidare Antwort: “Da lässt sich nichts mehr machen.” Ähnlich ein Fischer, der im Norden mit seinem Kutter auf den Wellen nicht über den gedanklichen “Zaun” fahren darf, wodurch ihm reiche Fanggründe verloren gehen: “Daran werden wir uns gewöhnen müssen”.
Spannend finde ich diese Zeitdokumente aus zweierlei Gründen. Zum einen kann man heute fast darüber lachen… nur 2 Jahre vor der sogenannten Wende schien kaum jemand auch nur daran zu denken, dass alles plötzlich anders sein könnte. Wie absurd das scheint, rückblickend. Zum anderen jedoch finde ich spannend, woher die Reporterin diese Frage nimmt… sie fragt ja “Glauben Sie an eine mögliche Wiedervereinigung?” Irgendwo muss das Thema also, auch schon in den 1980er Jahren, hergekommen sein. Es lag vielleicht irgendwie in der Luft. Das ist deswegen interessant, weil der offensichtlich weit verbreitete Unglaube daran, dass sich etwas an der Situation ändern könnte, offenbar keinen Einfluss hatte auf den tatsächlichen Verlauf der Geschichte.
Das macht doch irgendwie Mut, wenn ich an die Herausforderungen der heutigen Zeit denke: Klimawandel, Pandemie, globale soziale Ungerechtigkeiten, verschiedene Rassismen und so weiter. Es kann doch schneller gehen, als wir denken, dass die Dinge sich zum Guten wenden. Und zwar unabhängig davon, ob wir glauben, dass ich da nichts mehr machen lässt. Vielleicht ist ja sogar gerade das Anerkennen der Unmöglichkeit genau der Moment, in dem schon ganz leise, ganz drinnen, ganz innen, … behutsam etwas in Bewegung kommt.
Das finde ich bemerkenswert. Danke für den Gedanken am Ende des Textes.
LG Matthias