Ich habe mich in letzter Zeit etwas mit Marketing und Verkauf beschäftigt. In diesem Kontext ist mir das Buch “Way of the Wolf” von Jordan Belfort in die Hände gefallen. Zugegeben, ich finde das alles sehr spannend, was er darin beschreibt. Zusammengefasst geht es darum, das perfekte Verkaufsgespräch zu gestalten, die Kontrolle zu behalten, um das Gegenüber (“the prospect”) bewusst und gezielt in eine ganz bestimmte Richtung zu leiten, nämlich: Ein klares und eindeutiges Ja zum Verkaufsangebot.
Belfort beschreibt eine Reihe von Techniken und Möglichkeiten, die die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhen, dass dies gelingt. Von verschiedenen Tonlagen, die man in unterschiedlichen Situationen einnehmen kann, bis hin zu Kommunikations-Skripten, die Zweifel ausräumen und die Compliance der potenziellen Kunden steigern. All das ist wichtig, kein Zweifel. So wie man Rhethorik üben kann, um überzeugend zu argumentieren, kann man auch Verkaufsgespräche üben, um Produkte zu veräußern.
Mein Gedanke jedoch, jetzt, im Nachhinein: Eigentlich ist das alles zugleich auch gar nicht nötig. Wenn wir uns wirklich sicher sind, auf natürliche Weise, dass das, was wir anbieten, für unser Gegenüber hilfreich und gut ist, dann machen wir das, was er da beschreibt, ohnehin von selbst. Dann müssen wir das nicht üben. Denn der Funke springt dann von selbst über. Wir werden ganz von selbst zum Wolf.
Besonders kritisch finde ich den Punkt, an dem eine gewisse Schauspielerleistung dazu kommt. Zwar schreibt er, dass man diese Techniken nie nutzen soll, um Kunden zu etwas zu überreden, was sie gar nicht wollen oder brauchen. Die Frage ist jedoch: Wie kann ich das als Verkäufer wissen? Ich plädiere in diesem Punkt für eine gewisse Achtsamkeit. Wenn der Wolf nicht von selbst entsteht, wenn er “geschauspielert” werden muss, dann passt irgendetwas ganz grundsätzlich nicht. So zu tun, als sei ich ein Wolf, nur, um mehr Umsatz zu generieren, schadet uns allen langfristig und nachhaltig massiv.
Die metaphorische Figur des Wolfs hat zu unterschiedlichen Zeiten in meinem eigenen Leben eine große Rolle gespielt. Begonnen hat dies mit der Figur des Steppenwolfs aus Herrmann Hesses Roman. Als ich achtzehn Jahre alt war, habe ich dieses Buch zum ersten Mal gelesen. Auch zu späteren Zeiten meines Lebens hat der Wolf so richtig losgepowert. Mit etwas Abstand betrachtet jedoch wird mir bewusst, dass der Wolf eine ambivalente Figur ist. Zwar fühlt sich die Wolfsrolle lebendig und kraftvoll an. Sie kann mitreißen und überzeugen. Genauso wichtig jedoch ist es, das Gegenüber wirklich im Blick zu haben. Genauso wichtig, wie in seine Rolle schlüpfen zu können, ist es auch, ihn wieder los- und gehen zu lassen.
Die stimmigen Jas kommen dann, mit etwas Geduld und Zutrauen, ganz von selbst. Vielleicht jedoch an anderen Stellen, als wir es zunächst erwarten würden. Seien wir also neugierig und offen für das Unvorhergesehene. Und lernen wir, so wie die Unsterblichen in Herrmann Hesses Roman, über all zu verbissene innere Kräfte einfach zu lachen. Erst dann kommt der wirkliche Erfolg – dann wird das Leben spielerisch und leicht. 🙂
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